Nadejda Koseva wurde in Sofia, Bulgarien, geboren. Sie studierte Filmregie an der Staatlichen Theater- und Filmschule in Sofia. Während ihrer Studienzeit arbeitete Koseva als Regieassistentin bei dem bekannten bulgarischen Filmregisseur Georgi Djulgerov, der für den Film „Avantgarde” 1978 bei der Berlinale den Silbernen Bären bekam. Sein Film „Maß für Maß” (1980) gilt in Bulgarien als Kultfilm. Nadejda Kosevas erster Kurzfilm „CAKE” lief beim Golden Rose Festival in Varna sowie bei Eurounderground in Sofia. 1999 entstand der Dokumentarfilm „That's It”, der u.a. beim Golden Rithon Festival in Plovdiv präsentiert wurde. Ihr Diplomfilm, „Veronyka's Destiny” (2002), wurde zu zahlreichen Festivals im In- und Ausland eingeladen. Nadejda Koseva begleitet eine Gruppe von freiwilligen Helfern bei ihrem Besuch in einem Waisenhaus: Die Kinder werden zum Schreiben, Drehen und Spielen einer eigenen Seifenoper animiert und dabei gefilmt.
Fragen an die Regisseurin:
Was halten Sie davon, einen Film als Gemeinschaftsprojekt anzulegen?
Ich persönlich halte es für eine großartige Sache, und das nicht nur des Filmemachens wegen, sondern weil alle Künstler sich dadurch begegnen können. Vor allem für mich, die ich niemanden in diesem Geschäft kannte, war es eine Offenbarung, auf fünf andere Leute zu treffen, die etwa in meinem Alter sind und viele gemeinsame Interessen haben. Zu wissen, dass es andere Leute in anderen Ländern gibt, die sich auf derselben Ebene bewegen, daß es eine Art von Verbindung gibt, vermittelt ein Gefühl von Sicherheit.
Welchen Einfluss hat die Begegnung mit Regisseuren aus sechs Ländern auf Sie und Ihre Arbeit gehabt? Teilen Sie alle dieselben künstlerischen Anliegen?
Zunächst muß man mal wohl sagen: Wäre einer von uns in einem anderen Land geboren, so wären die Ergebnisse im Großen und Ganzen doch dieselben gewesen, denn es ist ja ein inneres Bild, das nach außen projiziert wird. Einige Schatten, einige neue Antworten verbergen sich tief in den eigenen Wurzeln, in den Wurzeln unserer Großväter, unseres Landes, unserer Kultur. Und das macht einen Unterschied aus. Tatsächlich ist dieses Thema an sich auch ein Teil meines Films.
Das Filmprojekt wird hier in Deutschland koordiniert. Wirkt sich diese Tatsache auch auf das Projekt oder Ihre Arbeit aus?
Unsere Länder und Deutschland befinden sich auf ganz verschiedenen Entwicklungsstufen. Es ist wie im Radio: Sie senden auf anderen Wellenlängen. Aus dieser Warte ist der Einfluss nicht sehr groß. Dennoch war es eine großartige Gelegenheit, Leute hier bei der Arbeit zu beobachten, zu lernen und vor allem Energien aufzutanken.
In Ihrem Film hatte ich den Eindruck, dass er mehr oder weniger durch den Schnitt erzählt wird. Wie haben Sie diese Konzeption entwickelt?
Ich dachte daran, Zeit und Raum zu überschreiten. Ich glaube, dass es eine starke Verbindung zwischen Menschen gibt, die sich über Entfernungen und Uhrzeiten hinwegsetzen kann. Die Beschäftigung mit der Zeit war immer schon ein großes Thema des Films. Doch das Problem der Entfernungen ist noch nicht so ausgelotet worden. Zu wissen beispielsweise, dass meine Freunde in New York gerade schlafen, oder dass ein anderer, während ich gerade zu Hause bin, irgendwo anders etwas völlig Verschiedenes treibt, hat mich immer schon ins Grübeln gebracht. Und so wollte ich genau das unterstreichen. Etwa wenn das junge Paar aus dem Badezimmer herauskommt und die Mutter in dem Moment ihre Arme ausbreitet. Unbewusst hat man dann das Gefühl, sie öffnet sie für die beiden. Die Montage ist also sehr genau überlegt.
Das Gespräch führte Oliver Baumgarten, Chefredakteur des Filmmagazins SCHNITT.