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Mind the Map
Ein Projekt des Instituts für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig, initiiert von East Art Map (IRWIN), Slowenien, und relations
 
Unter der Leitung von Marina Gržinić (Akademie der Künste, Wien) sowie Günther Heeg und Veronika Darian (Institut für Theaterwissenschaft, Universität Leipzig) arbeitet durch die Vermittlung von relations eine internationale Gruppe von WissenschaftlerInnen und jungen TheoretikerInnen am Austausch und der Verständigung über eine East Art Map, eine Kunst-Karte des östlichen Europa des slowenischen Künstlerkollektivs IRWIN.

Mind the MapMind the MapMind the Map
"Mind the Map! - History Is Not Given" möchte eine Diskussionsplattform zu Kunst- und Kulturproduktionen schaffen, die an den Schnittstellen östlicher und westlicher Kunstrealitäten in Europa angesiedelt ist. Unser Ausgangspunkt ist das "East Art Map" Projekt des slowenischen Künstlerkollektivs IRWIN. Es spürt der Geschichte der Kunstwerke und -prozesse im Territorium des östlichen Europa von den 1920ern bis heute nach. Das Ergebnis ist eine Karte mit Hunderten von Kunstwerken und künstlerischen Beziehungen in Zeit und Raum. IRWINS Impuls wiederum wurde von relations, einem Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes, aufgegriffen: In einer zweiten Phase wurden acht Universitätspartner aus mehreren europäischen Städten zur Zusammenarbeit eingeladen. Sie nähern sich dem Projekt aus drei verschiedenen Perspektiven:
  • der kunsthistorischen Perspektive,
  • der Perspektive der Kultur- und Sozialwissenschaften, die den Diskurs um einen allgemeineren kulturellen, politischen, sozialen und medialen Hintergrund erweitert,
  • und einer performativen Perspektive, die Dramaturgie, Performance und kulturelle Interventionen umfasst.

Kulturelle Praxis an Schnittstellen - Möglichkeiten des Zugangs

Das kühne Unternehmen einer (Re)Konstruktion der ost- und mitteleuropäischen Kunstgeschichte nach dem 2. Weltkrieg vollzieht sich nicht im abgeschlossenen Feld einer Disziplin und eines durch nationale Zugehörigkeiten begrenzten Gegenstandsbereichs. Es ist vielmehr angesiedelt an mehreren Schnittstellen, die produktive Grenzüberschreitungen erforderlich machen. Das gilt insbesondere für
  • die Intermedialität zwischen den Künsten,
  • die Bruchzonen zwischen den nationalen Kulturen des östlichen und westlichen Europa,
  • die Verwerfungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart und
  • die Interferenzen zwischen Wissenschaften, Künsten und gesellschaftlichen Bewegungen.
Den transnationalen und interkulturellen Blick auf die Künste und die Brechung der wechselseitigen Perspektiven in Ost und West einerseits sowie die Zusammenarbeit künstlerischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Institutionen andererseits halten wir in Bezug auf die Beschäftigung mit kulturellen Praktiken für zukunftsweisend. Dieses Modell kann dem Scheuklappenblick der Einzeldisziplinen entgegenwirken und sie aus dem Elfenbeinturm der Universität herausführen; es kann den Austausch zwischen den Künsten und Wissenschaften anregen und befördern und dazu ermutigen, außeruniversitäre Bewegungen und Perspektiven aufzugreifen und wissenschaftlich-künstlerisch reflektiert in die gesellschaftliche Auseinandersetzung zurückzuführen.
 
Das Projekt verbindet verschiedene Ebenen praktischer, theoretischer und kommunikativer Arbeit. Ziel ist es, einen Raum des Austausches zu verschiedenen Kunstpraktiken zu schaffen, konkrete Forschungsprojekte und Reflexionen anzustoßen, jungen Forschern und Akademikern Aufmerksamkeit zu verschaffen und größere akademische, aber gerade auch gesellschaftliche kritische Öffentlichkeiten für die Zukunft aufzubauen.
 

Die (Re)Konstruktion von (Kunst)Geschichte

Das "East Art Map" Universitätsnetzwerk soll mehr sein als nur ein Beitrag zu IRWINS "East Art Map". Es ist der Beginn eines neuen Austausches. Die historische Rekonstruktion der Kunstgeschichte des östlichen Europa stellt besondere Anforderungen an die Historiographie. Es geht unseres Erachtens nicht um die Rekonstruktion eines Museums der Ostkunst, sondern um die Entwicklung einer offenen sozialen und künstlerischen Struktur von Plattformen zum Austausch über und zur Interpretation von Geschichte, das heißt um die Historisierung der Gegenwart im Sinne einer ‚re-vision of the present' (Homi K. Bhabha). Unser Vorhaben ist demnach die Rekonstruktion von Kunstgeschichte, verstanden als soziale und kulturelle Voraussetzung von Projekten, die für die Gegenwart und Zukunft zeitgenössischer Kunst relevant sind. Deshalb engagieren wir uns im Aufbau einer Matrix, die eine dichte Informationsstruktur zu spezifischen und manchmal wenig bekannten künstlerischen und kulturellen Prozessen, Produkten und Realitäten darstellt. Die so aufgewiesene Materialität von künstlerischen Projekten und Strukturen im Raum des östlichen Europa zieht nun die Erfordernis nach sich, neue Bedingungen für das Verständnis und die Konstruktion von Kunstgeschichte, kulturellen Praktiken und theoretischen Modellen zu schaffen.
 
Prof. Dr. Marina Gržinić, Prof. Dr. Günther Heeg und Dr. Veronika Darin