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Ein Projekt des Center for Drama Art (CDU), des Multimedia Institute [mi2], von Platforma 9,81 und What, How and for Whom (WHW), Kroatien
 
„Zagreb - Cultural Kapital of Europe 3000“ stärkt die Zusammenarbeit zwischen unabhängigen Inititativen, die kulturelles Engagement als soziales Handeln und soziales Handeln als kritische Kultur verstehen. Angesichts der Tendenzen zu Privatisierung, Zentralisierung und repräsentativen Logiken im Bereich der Kultur realisiert die gemeinsame Plattform neue gemeinschaftliche Arbeitsformen und kollektive Strategien der Kulturproduktion. Ziel ist es, die Präsenz unabhängiger Kultur in Kroatien zu stärken.

Zagreb - Cultural Kapital of Europe 3000Zagreb - Cultural Kapital of Europe 3000Zagreb - Cultural Kapital of Europe 3000
Das „Kulturkapital“ ist hin und her gerissen zwischen der Zentralität der jeweiligen Hauptstädte und der Transversalität des Kapitals, ein Phänomen, das sich in der zunehmenden Internationalisierung der Kulturproduktion zeigt, die jede nationale Eigentümlichkeiten immer mehr verliert. Die politische Ökonomie der kulturellen Repräsentation hat sich durch den weltweiten Kommunikationsaustausch radikal verändert. Es geht nicht mehr darum, dass eine repräsentative, vorherrschende Kultur, die innerhalb der Grenzen eines Nationalstaates hervorgebracht wurde, einer beliebigen Kulturkonsumentin vorgestellt wird. Auf spezifischen praktischen und theoretischen Feldern werden vielmehr einzelne Subjekte miteinander in Beziehung gesetzt, die im gemeinsamen Kontext einer globalen ökonomischen Produktion agieren.
 

In der Phase des Übergangs müssen wir die Frage stellen: Wer ist der gesellschaftliche Träger von Kulturkapital?

Wenn dieser Übergangsprozess zweierlei bedeutet, zum einen sich dem Markt zu unterwerfen und zum anderen das Aufgeben sozialer Projekte - oder besser des Sozialen als Projekt -, dann ist seine auffälligste Wirkung die, dass sich Privatinteressen in der Lenkung des öffentlichen Bereichs der Kontrolle entziehen und nicht mehr transparent sind. Das offensichtliche Fehlen einer sozialen Legitimation zeigt sich in der Verschwendung öffentlicher Mittel. Unsere verknöcherte institutionelle Kultur und das damit verknüpfte System öffentlicher Förderung demonstriert am besten, dass die Aufrechterhaltung des Status quo nur gelingt, wenn man an der Spitze des angesprochenen Übergangsprozesses steht. Der einzige Motor einer Veränderung in der Beziehung von Staat und staatlich geförderten Institutionen ist gegenwärtig die Dynamik von Einzelinteressen. Besonders wichtig sind dabei die unabhängigen AkteurInnen, die kulturelle Tätigkeiten als soziales Handeln und soziale Tätigkeiten als kritische Kultur verstehen. Die Plattform „Zagreb - Cultural Kapital of Europe 3000“ hat sich zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit (Collaboration) zwischen unabhängigen kulturellen Initiativen zu stärken, die, jeweils auf ihrem eigenen Feld, die veränderten Bedingungen kultureller und sozialer Praxis untersuchen, welche sich aus der zunehmenden regionalen Bedeutung eines übergreifenden ökonomischen und kommunikativen Austausches ergeben. Dabei soll an der Reform der institutionellen Strukturen gearbeitet werden, um so die Präsenz und die Möglichkeiten unabhängiger Kultur zu fördern. Seit Anfang 2003 initiierte die Plattform eine Reihe regionaler und internationaler, interdisziplinärer Zusammenarbeiten, die neue Gruppendynamiken, neue kollektive Strategien und neue Arbeitsformen in der Kulturproduktion vorstellen und entwickeln sollen. Damit soll der Kontrolle von Produktivität, also etwa der Urheberschaftsgesetzgebung und der Ideologie des geistigen Eigentums, entgegengewirkt und angesichts der zunehmenden Privatisierungen für den Schutz der öffentlichen Sphäre eingetreten werden. Zudem sollen Vorschläge unterbreitet werden, wie man den unabhängigen Kultursektor stärken und entwickeln kann, wie sich seine Präsenz innerhalb des Kulturkapitals sichern lässt. Ebenso wie die Plattform Zusammenarbeit fördern wird, möchte sie die Bedingungen und Möglichkeiten von Zusammenarbeit (Collaboration) untersuchen und erweitern, denn kulturelles Kapital bedeutet nicht mehr Infrastruktur, sondern eben Zusammenarbeit: Zusammenarbeit ist seine Infrastruktur.
 

Die Idee des Kulturkapitals ist aus den Fugen geraten

Dabei sollen Kooperationen zwischen KulturakteurInnen, ProjektpartnerInnen und Gründungsinitiativen nicht aus formalen Vorschriften oder Zwängen heraus entstehen, sondern aus der inhaltlichen Notwendigkeit. Das „Center for Drama Art“ (CDU) wird zwei Themen in den Mittelpunkt stellen: zum einen die Präsentation der neuen kroatischen Performing-Art-Szene in einer zunehmend auf Repräsentation fokussierten Kulturpolitik und zum anderen die Problematiken der Zusammenarbeit in Künstlergruppen sowie die Bedeutung der immateriellen Arbeit bei künstlerischen Kooperationen. Auch die KuratorInnengruppe „What, How and for Whom“ (WHW) widmet sich mit drei Projekten den theoretischen Aspekten kollektiver Kulturarbeit. Die Projekte „Bulletin Board“ und "Collective Action" werden mit Diskussionen, Vorträgen, Ausstellungen und Kunstaktionen dieses Thema sowohl geschichtlich als auch theoretisch beleuchten. Zudem führt „What, How and for Whom“ gemeinsam mit dem „Center for Drama Art“ ein Symposium unter dem Titel "Group dynamics" durch. Ein anderer Schwerpunkt der Arbeit von „What, How and for Whom“ wird eine internationale kuratorische Zusammenarbeit sein. Gemeinsam mit schwedischen KuratorenInnen untersucht „What, How and for Whom“ unter dem Titel „Normalization“ die Bedeutungsverschiebungen des Begriffes „Normalität“ in der „Nachwende- Zeit“ in Kroatien. „Platforma 9,81“ wird abseits der gewöhnlichen Praxis von Architektur- und Stadtplanung zwei Projekte ins Leben rufen. „Invisible Zagreb“ untersucht die kulturellen und öffentlichen Nutzungspotentiale von Brachflächen im Stadtraum. „3D Journal: No1 - Capital in Space“" beschäftigt sich in Workshops, Diskussionen und öffentlichen Präsentationen mit den Auswirkungen der ökonomischen und sozialen Transformationsprozesse auf Architektur und Stadtentwicklung in Kroatien. Das „Multimedia Institute [mi2]“ setzt sich mit der zunehmenden Kontrolle der Öffentlichkeit und der öffentlichen Interaktionen durch privatwirtschaftliche Strukturen und etablierte intellektuelle Prozesse auseinander. Das Projekt „OutInOpen“ versucht, mit Strategien aus der Kommunikations- und Informationstechnologie den Einfluss des „Kapitals“ auf die Öffentlichkeit zu durchbrechen, um neue und größere Räume für eine unabhängige öffentliche Interaktion zu ermöglichen. „SystemHack()“ dokumentiert in einer Kunstausstellung Aktionen, die es ermöglichen, in geschlossene Systeme einzudringen und sie aufzubrechen, seien es Copyright-, Überwachungs- oder auch Glaubenssysteme. Das Projekt „Public Domain and Creative Labor“ wird gemeinsam mit den ProjektpartnerInnen „What, How and for Whom“ und „Center for Drama Art“ Konferenzen, Vorträge und Ausstellungen organisieren, die neue Lizensierungsmodelle von Kunst und Wege des Managements von immaterieller Arbeit thematisieren. Das Projekt „Swarm Intelligences“ arbeitet an den Schnittstellen der Plattform- Partner: der „Local Base for Culture Refreshment“ (BLOK), dem „Multimedia Institute [mi2]“ sowie „Platforma 9,81“ in Zusammenarbeit mit „Community Art“. Im Mittelpunkt stehen die verschiedenen Umgangsformen mit existierenden sozialen Räumen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den inhaltlichen Überschneidungen von architektonischer Stadtplanung, künstlerischer Organisation und theoretischer Rationalität.
 

„Zagreb - Cultural Kapital of Europe 3000“