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Ein Projekt des Neuen Berliner Kunstvereins in Zusammenarbeit mit De/construction of Monument, Bosnien-Herzegowina, und relations

In Deutschland arbeitet das Team von De/construction of Monument mit dem NBK (Neuer Berliner Kunstverein, Berlin) zusammen. In Reaktion auf das bosnisch-herzegowinische Projekt entwickelte Kathrin Becker (Kuratorin, NBK) in Zusammenarbeit mit relations das Projekt displaced für Berlin.

displaced überträgt die Thematik von De/construction of Monument in den deutschen lokalen Kontext: Nach dem Zusammenbruch Ex-Jugoslawiens schreiben neue nationale Eliten die Geschichte ihrer Länder um. Erinnerungen werden gelöscht, Orte umbenannt, Bücher korrigiert und gleichzeitig neue Hymnen, Ikonen und Symbole vermittelt. De/construction of Monument begegnet dieser Manipulation mit Dekonstruktion.

Arceneaux: Old ManAlves: GermanroseBecker
Sechs internationale KünstlerInnen entwickeln nach eigenen Aufenthalten in Sarajevo Arbeiten für den öffentlichen Raum in Berlin. Hintergrund ist das bosnisch-herzegowinische Projekt „De/construction of Monument“, das am Beispiel einer Denkmalsdiskussion ein Gegengewicht bilden will zu der in den Nachfolgestaaten der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zu konstatierenden „Herrschaft der ethnischen Nation“ mit ihren tief greifenden Folgen für Gesellschaft, Kultur, Religion und Massenmedien. Die für „displaced“ entwickelten Arbeiten entstehen aus der Beobachtung heraus, dass die Themen von „De/construction of Monument“ Symptome für gesellschaftliche Prozesse sind. Die KünstlerInnen suchen Entsprechungen für die Funktion von öffentlicher Erinnerung und öffentlicher Amnesie, die sie in vielfältige Beziehungen zur deutschen Hauptstadt und den westlichen medialen Prinzipien einer „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ setzen. Die Wahl des Titels generierte sich während zahlreicher Aufenthalte der Kuratorin des Projekts, Kathrin Becker (NBK), in Bosnien-Herzegowina aus dem Blickwinkel heraus, dass es sich um eine „displaced nation“ im Sinne eines aus Europa ausgegrenzten Landes handelt. Es geht um den Zustand des Verdrängten, des Abgeschobenseins. In Reaktion auf das, was in Sarajevo passiert, sollen Geschehnisse wieder ins Bewusstsein zurückgeholt werden - auch weil Erinnern in der Mediengesellschaft tagesabhängig ist.

Künstlerische Interaktionen / Interventionen

Maria Thereza Alves und Danica Dakić arbeiten mit poetischen Metaphern: Dakić setzt die menschliche Stimme ein, Alves thematisiert mit Pflanzen die Durchdringung von Geschichte, Ökonomie und Identitäten. Šejla Kamerić operiert mit Strategien des Öffentlichen, mit Aspekten einer omnipräsenten Bedrohung, wie sie ja nicht nur in Bosnien-Herzegowina, sondern seit dem 11. September, seit Madrid und London auch hier verstärkt eine Rolle spielen. Edgar Arceneaux nimmt einmal mehr Bezug auf seine eigene Familiengeschichte und setzt den Namen seines Großvaters, Old Man Hill, in beziehungsreiche Verbindung zur Topographie Sarajevos. Renata Stih & Frieder Schnock thematisieren mit einer mehrtägigen Kolumne in der taz, einer Berliner Tageszeitung, das Leben in Bosnien-Herzegowina im Ausnahmezustand. Allen Arbeiten ist ein Element des Flüchtigen gemeinsam. Diese Flüchtigkeit steht der Präsenzhaftigkeit und ideologischen Vereinnahmbarkeit von Monumenten diametral gegenüber.

Kathrin Becker