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Hauptstadt: Sarajevo, 522 000 (Schätzung 2001 ), im Jahr 1991: 383 000 (Schätzung)
Seit 1998 existiert zwar eine "Statistik-Agentur für Bosnien-Herzegowina", die wegen der Konflikte zwischen den politischen Gebietskörperschaften jedoch nicht funktionsfähig ist. Folglich sind statistische Daten zu dem Land völlig unzuverlässig.
Der erzwungene Gesamtstaat Unter Tito erhielt Bosnien-Herzegowina 1946 den Status einer Teilrepublik innerhalb der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ). So sollte nicht zuletzt ein Gleichgewicht zwischen Kroatien und Serbien hergestellt werden, deren jeweilige Nationalisten stets einen hegemonialen Anspruch auf diese Region erhoben hatten. Da man davon ausging, dass sie früher oder später das Kroatentum oder das Serbentum als nationale Identität annehmen würden, wurden die bosnischen Muslime1 in der jugoslawischen Verfassung zunächst nicht als konstitutive Nation eingestuft. Erst 1963 erfolgte ihre offizielle Anerkennung als sechstes jugoslawisches Staatsvolk. Diese Anerkennung verdankte sich auch einem außenpolitischen Kalkül. Im Rahmen seiner blockfreien Politik hatte Tito die Kontakte zu den islamischen Ländern intensiviert. Damit war auch eine Aufwertung des Islams in Bosnien-Herzegowina verbunden. Nach Beginn der "grünen Revolution" im Iran (1979) ging das kommunistische Regime wieder restriktiver gegen bosnische Islamisten vor, um das Erstarken eines muslimischen Fundamentalismus und Nationalismus zu unterbinden. Ethnische Fragmentierung und Protektoratsherrschaft Der Dayton-Vertrag hat zwar die Existenz eines unteilbaren Bosnien-Herzegowina festgeschrieben, gleichzeitig aber institutionelle Strukturen geschaffen, welche die Trennung zwischen den ethnischen Gruppen verfestigen. So ist die Republik konzipiert als gemeinsamer Staat von drei "konstitutiven Völkern" – Bosniaken (Muslimen), Serben und Kroaten – , aber zugleich in zwei etwa gleich große, autonome "Entitäten" unterteilt, nämlich die Serbische Republik (Republika Srpska) und die Bosniakisch-Kroatische Föderation (BKF). Beide Teileinheiten sind dem Protektorat der Vereinten Nationen unterstellt. Die BKF gliedert sich wiederum in zehn nach ethnischen Kriterien gebildete Kantone und den mit einem Sonderstatus versehenen Distrikt Brčko. Die verschiedenen Gebietskörperschaften haben eigene Parlamente und Regierungen. Beide Entitäten besitzen nicht nur eine eigene Armee und Justiz, sondern verfügen auch über eigenständige Bildungssysteme. Sie können internationale Verträge abschließen und "spezielle parallele Beziehungen" zu den Nachbarstaaten Kroatien und Serbien-Montenegro unterhalten. Insgesamt beansprucht diese Staatsstruktur mit ihren 14 Regierungen und 180 Ministern mehr als die Hälfte des Steueraufkommens. Ökonomische und soziale Depression Nach dem Zweiten Weltkrieg war Bosnien-Herzegowina eine der ärmsten und rückständigsten Regionen Jugoslawiens. Mit Hilfe einer forcierten Entwicklungspolitik wurde die Republik in den 1950er Jahren zu einem Zentrum der jugoslawischen Rüstungs- und Schwerindustrie ausgebaut. Obwohl es gegenüber anderen Landesteilen aufholen konnte, erhielt Bosnien-Herzegowina bis zum Auseinanderbrechen der Föderation in erheblichem Umfang Finanzmittel aus dem jugoslawischen Bundesentwicklungsfonds. Die Sezessionsbestrebungen der slowenischen und kroatischen Teilrepubliken führten 1989/90 zu einer Blockade des jugoslawischen Umverteilungssystems, die die bosnische Volkswirtschaft besonders stark traf. Schwache unabhängige Presse Die bosnischen Medien sind von den Folgen des Bürgerkriegs stark geprägt. Mitte 1998 setzte das OHR eine massiv instrumentalisierte Bestimmung gegen "Diffamierung" außer Kraft, die bis dahin Journalisten mit Haft- oder Geldstrafen reglementiert hatte. Seit Ende 2000 garantiert ein Gesetz jedem Bürger den freien Zugang zu Informationen. Es kennt nur drei Einschränkungen: mögliche Schäden für legitime Ziele der Außenpolitik, sensible Bereiche der privaten Wirtschaft und die Privatsphäre von Personen. Bislang konnte sich allerdings keine Medienlandschaft herausbilden, die unabhängig von den nationalen Parteien und der internationalen Gemeinschaft existiert.
1 Die Osmanen eroberten das Gebiet des heutigen Bosnien-Herzegowina zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert. Ein Teil der dort lebenden Bevölkerung konvertierte zum islamischen Glauben, behielt aber die slawische Sprache bei und entwickelte eine eigenständige kulturelle und politische Identität. In der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien konnten sich die bosnischen Muslime bei Volkszählungen zunächst als "Muslim unentschieden" (1948) definieren, dann als "Jugoslawe unentschieden" (1953), "Muslim im ethnischen Sinne" (1961) und schließlich "Muslim im nationalen Sinne" (1971). Die Etablierung der bosnischen Muslime als Hauptvolk von BosnienHerzegowina wurde verfassungsrechtlich jedoch nicht verankert. Den vorläufigen Abschluss dieser Nationsbildung stellt die 1993 vollzogene Selbstumbenennung in "Bosniaken" dar. [zurück]
2 Der erste Präsident der unabhängigen Republik Bosnien-Herzegowina, Alija Izetbegović (1925-2003 ), war nach dem Zweiten Weltkrieg wegen seiner Mitgliedschaft in der Organisation “Jungmuslime” vom kommunistischen Regime zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. In den 1970er Jahren verfasste er Schriften zum Islam und wurde 1983 wegen "Nationalismus" und "Panislamismus" erneut inhaftiert. Nach seiner vorzeitigen Haftentlassung Ende 1988 gründete er 1990 die Partei der Demokratischen Aktion (SDA). [zurück]
3 Die Stabilisierungsund Assoziierungsabkommen (SAA) der Europäischen Union werden zwar auf die jeweilige Situation des Landes zugeschnitten, umfassen in der Regel aber folgende Elemente: regionale Zusammenarbeit, Förderung von Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, Entwicklung von Infrastrukturen, Regulierung von Arbeitsmigration, Niederlassungsfreiheit sowie Zahlungs- und Kapitalverkehr, fortschreitende Harmonisierung von Gesetzen mit denen in der Europäischen Union, Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Sicherheit, finanzielle und technische Hilfe zur Implementierung des Abkommens und Institutionen zur Überwachung der Implementierung. [zurück]
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